Depression, Burnout und Achtsamkeit

Ich kann nach dem veröffentlichen vermutlich von drei rückwärts zählen und bei null beginnt der Shitstorm. Psychische Erkrankungen sind als Thema in aller Munde. Sie beeinflussen die Arbeitswelt, Freundschaften, Familien kurzum unsere ganze Lebenswelt. Man weiß erschreckend wenig über die Hintergründe und biologischen Komponenten. In vielen Fällen kann eine hormonelle Stoffwechselstörung Auslöser sein, manchmal ist man aber auch ratlos. Die Auslöser oder Verursacher auf menschlicher Ebene sind vielzählig. Aaron T. Beck hat mal davon gesprochen, wie paradox die Gefühle in einer Depression tatsächlich sein können. Ein Familienvater zum Beispiel der seine Frau und drei Kinder versorgt fühlt sich nutzlos und minderwertig. Schwierig zu verstehen, wie seine Gefühle zustande gekommen sind. Wie immer beansprucht dieser Artikel weder die ganze noch die einzige Wahrheit. Ich finde das Thema einfach nur sehr wichtig, weil es so einen großen Einfluss auf unser Leben hat.

Psychische Erkrankungen

Psychische Erkrankungen gibt es viele. Depressionen, Burnouts, Bipolarestörungen, Schizophrenie usw. Wir sind schnell dabei dem Kind einen Namen zu geben. Aber was ist das eigentlich, wenn die „Psyche“ oder der „Geist“ krank sind? Daran wird schon ewig geforscht. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl gut wirksamer Behandlungsmethoden und außerdem die Möglichkeit die Betroffenen auch medikamentös zu unterstützen. Nur manche Hintergründe lassen Wissenschaftler noch immer im Dunkeln tappen. Geht man etwa 700 Jahre zurück war es für die Menschen damals etwas „einfacher“. Wer sich komisch verhielt musste vom Teufel, einem Dämonen oder sonst irgendwas befallen sein. Meistens war der Weg der Heilung recht simpel. Geister austreiben oder aber den Betroffenen zu seinem Schöpfer schicken, damit er ihn heilt. Zum Glück ist man davon heute doch schon ein ganzes Stück weg. Heute kann man mit Hilfe von CT und MRT sogar die Gehirne von Menschen untersuchen um nach dem Sitz des Geistes zu suchen oder ähnliches. Ich habe mir für diesen Artikel zwei Phänomene herausgesucht, denen ich in meiner Arbeitswelt und im Privaten schon öfter begegnet bin.

Burnout

Das Burnout zu deutsch „ausgebrannt sein“ ist ein immer häufiger auftretendes Phänomen bei zumeist arbeitenden Menschen. Mir fällt ad hoc eine ganze Hand voll Personen ein, bei denen ich das schon beobachtet habe. Der Mechanismus dahinter scheint ganz simpel zu sein. Die Person ist eine lange Zeit einem ständigen hohen Arbeitsdruck ausgesetzt. Termindruck, Präzisionsdruck, sozialem Druck usw. Irgendwann kommt das Fass zum überlaufen und die Person erleidet ein „Burnout“ und wird auf gewisse Weise eine zeit lang arbeitsunfähig. Wer sich mit der Entstehung von Gesundheit und Krankheit schon mal im wissenschaftlichen Kontext beschäftigt hat kennt vermutlich das Modell der Salutogenese. Demzufolge ist es abhängig von verschiedenen Einflussfaktoren ob wir einer Herausforderung gewachsen sind oder nicht. Dazu gehören im Modell die Komponenten: Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit. Sagen wir also der Chef gibt  uns eine Aufgabe, die wir inhaltlich verstehen, die wir technisch umsetzen können und deren Sinn wir erkennen, dann stellt diese Aufgabe für uns kein Problem dar. Wenn er uns nun eine Aufgabe gibt, die wir noch nicht ganz verstehen und daran zweifeln, dass unsere Kompetenzen ausreichen sie zu bewältigen und wir dann noch nicht mal denn Sinn an der Aufgabe erkennen, dann entsteht Stress. Natürlich reicht es, wenn nur eine diese Komponenten unstimmig ist. Wenn wir zum Beispiel ständig daran zweifeln müssen ob wir es zeitlich schaffen die Aufgabe zu bewältigen. Die Stressresistenz wird als Resilienz bezeichnet und beschreibt die individuelle Fähigkeit einer Person mit solchen Situationen umzugehen. Die Resilienz und auch unsere Gesundheit werden durch Ressourcen gestärkt. Diese Ressourcen können unsere Selbstwirksamkeitserwartung, Selbsterkenntnis, unsere Sinne oder unsere Entspannungsfähigkeit sein. Beim Burnout würde gemäß dem Modell unser Gleichgewicht aus der Bahn geworfen und der Körper oder der Geist wird „krank“, da die Stressoren den Ressourcen überwiegen. Die Folge ist, dass die Person „ausgebrannt ist“ und nicht mehr in der Lage an den Aufgaben zu arbeiten.

Depression

Depressionen können unendliche viele Ursachen, Wirkungen und Auslöser haben. Manche sind hormonell bedingt und manche scheinen aus kindheitlichen Erfahrungen zu entstehen. Die Wissenschaft selbst streitet laut Aaron T. Beck darüber ob sich Depressionen überhaupt kategorisieren lassen. Eine Gruppe der Wissenschaftler spricht für die Unterscheidung von zwei generellen Typen von Depressionen, den organischen und den psychogenen. Andere sind wiederum der Meinung die tatsächliche Ursache ist nur psychogener Natur. Und die Nächsten sind der Ansicht es gibt ausschließlich organische Ursachen. In früherer Zeit haben Wissenschaftler auch schon über Depressionen geschrieben. Früher nannte man das Phänomen „Melancholie“ also etwa „Traurigkeit“. Ein sehr bekannter Betroffener dürfte der Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe sein. Ein Frauenheld, der eigentlich auch immer genügend Geld hatte im Gegensatz zu seinem Zeitgenossen Friedrich Schiller. Damals wie heute ist, meiner Beobachtung zur Folge, der Umgang mit depressiven Personen sehr häufig von Hilflosigkeit gekennzeichnet. Da das ein heikles und auch sehr kontroverses Thema ist, will ich das hier auch gar nicht weiter ausrollen.

Achtsamkeit

Die Buddhisten kennen eine Vielzahl von Praktiken die mit „Achtsamkeit“ zu tun haben. Eine Kollegin hat mir mal das Buch „Heitere Weisheit“ empfohlen. Wundervoll geschrieben und leicht zu verstehen. Im Buddhismus ist „Glück“ kein Zustand oder etwas was einen ereilt oder eben nicht, sondern eine Entscheidung. Der Weg dahin führt unter anderem über die Achtsamkeit. Mal abgesehen von Meditationsübung verbirgt sich hinter dem Wort Achtsamkeit ja eigentlich etwas ganz simples: „Etwas beachten“. Im Grunde geht es also darum auf bestimmte Dinge zu achten, auf Signale, auf Reaktionen und auf Gefühle. Damit schult man seine eigene Wahrnehmung. Die Wahrnehmung für sich selbst, für sein Umfeld und für verschiedene Wirkungen. In wie weit kann das helfen bzw. hat es einen Zusammenhang zu den psychischen Erkrankungen? Gerade bei dem Thema Burnout kann ein gewisses Maß an Achtsamkeit die Ressourcen und die Resilienz der einzelnen Person stärken. Die Person hat vielleicht beobachtet, wie sie in bestimmten Stresssituationen reagiert, hat bemerkt, wo ihre Grenzen sind und schafft es dann vielleicht rechtzeitig die Notbremse zu ziehen. Die Achtsamkeit und Wahrnehmung zu schulen kann ganz einfach dafür sorgen, dass sich die Selbstwahrnehmung verbessert und man schlichtweg vielmehr „Herr oder Frau“ seiner Lage ist. Wie gesagt: kann, nicht muss. Mir persönlich hat das Buch „Heitere Weisheit“ sehr geholfen mich selbst und andere weniger zu verurteilen. Das hat mir für mein Leben eine große Menge an Ruhe und Selbstsicherheit gegeben. Ich versuche heute nicht mehr die Verantwortung für alles zu übernehmen, ich kann mal nein sagen und ich bremse schon einen Meter vor dem Abgrund und nicht erst Millimeter davor. Ich verurteile mich nicht mehr selbst, wenn ich etwas nicht schaffe, weil ich weiß, dass mir das nicht hilft.

Was tun?

Was soll man nun als Resumé daraus ziehen? Wie so oft ist mein Appell: wenn DU selbst oder eine Dir nahe stehende Person ein ernsthaftes psychisches Problem hat oder seinen Aufgaben nicht mehr gewachsen ist, sollte man sich professionelle Hilfe suchen. Es gibt heute eine Menge verschiedener Hotlines, Selbsthilfegruppen, Angehörigen-Netzwerke usw. Eine Sache, die ich mal in einem Blog gelesen habe, ist mir besonders im Kopf geblieben. Wenn die andere Person mit ihren Gefühlen und Gedanken nicht mehr in der Realität ist, dann muss man selbst der Anker in der Realität sein. Daran kann sich die Person festhalten, wenn man als Freund oder Angehöriger einfach authentisch und realistisch bleibt. Natürlich bedarf es Empathie und Hilfe sowas wie „Du spinnst doch, wie kommst Du denn darauf, dass dich keiner leiden kann.“, ist vermutlich keine Hilfe. Am Ende gibt es keine Patentlösung, denke ich. Für sich selbst kann ich immer nur empfehlen sich mit der eigenen Wahrnehmung und der Achtsamkeit zu beschäftigen. Auf Hilfe von außen zu hoffen ist zwar heute ein weit verbreitetes Phänomen, aber ich fürchte es ist keine langfristige Lösung. Wenn man natürlich selber nicht mehr aus seinem Sumpf kommt, sollte man definitiv die Hilfe anderer in Anspruch nehmen. Am Ende liegt die Heilung trotzdem in einem selbst. Wenn man sich das Bein gebrochen hat, dann kommt man zwar auf Krücken vorwärts, aber der Knochen ist dadurch nicht wieder geheilt. An diesem Beispiel sieht man schon, dass häufig äußere Hilfe nötig ist um den Start zu machen, aber am Ende wächst der Knochen zusammen und man muss selbst wieder lernen zu laufen. Es gibt sicherlich Personen, die da anderer Meinung sind. Das dürfen sie sehr gerne.

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Quellen: 

Coaching, Paarberatung, Psychotherapie (2009) Resilienz. Verfügbar unter: http://lermer.blogspot.com/2009/07/psychologische-begriffe-resilienz_08.html

Beck, A.T. (1967) Depression – Clinical, Experimental and Theoretical Aspects. Verfügbar unter: https://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=6rigtdo0u2UC&oi=fnd&pg=PA3&dq=depression&ots=T37hM5A1aE&sig=T85FR9TXC687CnhEDQ7zEUdBU70#v=onepage&q=depression&f=false

pahaschi.de (o.J.) Berühmte psychisch kranke Persönlichkeiten. Verfügbar unter: http://archiv.pahaschi.de/genies.htm

Rinpoche, Y.-M. (2009) Heitere Weisheit.

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